
Zulehner: "Auch Frauen können sich bunt anziehen,nicht nur Kardinäle"
Die Papstwahl aus dem Mittelalter ins 21. Jahrhundert zu holen und dabei ihre ästhetische Strahlkraft zu erhalten, wäre ein wichtiger Schritt in die Zukunft, betonte der Wiener Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner im aktuellen Interview mit der Kooperationsredaktion der heimischen Kirchenzeitungen. Das würde auch die Beteiligung von Frauen beinhalten. "Es fällt auf, dass nach der Weltsynode, an der Frauen stark beteiligt waren, keine einzige Frau den nächsten Papst mitwählt", so der Theologe wörtlich. Als Folge der Synodalisierung der Kirche werde man sich künftig fragen, "wie ein Pfarrer ausgewählt wird, wie ein Bischof gesucht und auch, wie ein Papst gefunden wird".
Die Frage sei, ob das mittelalterliche Modell des Konklaves auch in Zukunft die Wahl des Papstes bestimmen solle - "mit Männern, die aus dem Kardinalskollegium kommen, in das seit langem nur mehr geweihte und ordinierte Personen aufgenommen werden". Man könnte sich im Gegensatz dazu eine Synodalisierung der Papstwahl vorstellen, so Zulehner: "Dass die Zusammenschlüsse der kontinentalen Bischofskonferenzen Delegierte nach Rom schicken, die den neuen Papst wählen."
Darauf angesprochen, dass die Rituale in und rund um die Sixtinische Kapelle die Weltöffentlichkeit faszinieren würden, und deshalb auch bei einer Reform der Papstwahl womöglich irgendwie beibehalten werden sollten, meinte Zulehner: "Ja, es ist nicht ausgeschlossen, dass man auch mit anderer Besetzung ein farbenprächtiges Konklave machen könnte. Auch Frauen können sich sehr bunt anziehen, nicht nur Kardinäle." Es sei nichts so medien- und fernsehtauglich wie der bunte Katholizismus, "und es wäre schade, würden wir von diesem Spektakel etwas verlieren".
Unabhängig vom Wahlmodus würden die zwei wesentlichen Herausforderungen an den neuen Papst die gleich bleiben. "Wie kann er sich für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einsetzen? Und wie hält er die Weltkirche zusammen, die sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und inhaltlichen Schwerpunkten bewegt?" Es werde ein Papstamt der innerkatholischen Ökumene brauchen, zeigte sich Zulehner überzeugt: "Wenn das gelingt, ist das eine gute Grundlage für die interkonfessionelle Ökumene und für den Dialog zwischen den Religionen der Welt. Religionen sind die stärksten Player für Einheit und Dialog in einer zerrissenen Welt."
Zur Frage, wie gefährlich politische Einflussnahmen auf die Papstwahl seien, etwa durch US-amerikanische evangelikale Netzwerke, sagte der Pastoraltheologe: "Ich nehme an, dass sich die Franziskus-kritischen Kreise schon längst verständigt haben. Sie haben sehr viel Geld zur Verfügung und Unterstützung von rechtspopulistischen Kreisen auf der ganzen Welt." Die amerikanischen Bischöfe seien in dem Punkt gespalten. Er denke aber, so Zulehner, "je stärker jemand Einfluss nehmen will, umso größer wird der Widerstand dagegen sein".
Er hoffe, dass künftig die Fragen der Welt im Vordergrund stehen, wie Frieden, Schöpfung, Migration, Gerechtigkeit und "dass zugleich das Amt synodalisiert und viele Menschen daran beteiligt werden". Die Kunst werde sein, Beratung und Entscheidung kirchenrechtlich gut auszutarieren. Wichtig werde auch sein, klar festzulegen, in welchen Punkten Bischofskonferenzen kontinental entscheiden können.
Quelle: kathpress