13. Sept. 2018
Diözese Linz
Bischof Scheuer: Ehe darf Nichtverstehenkönnen nicht ausblenden
Der Linzer Bischof Manfred Scheuer hat bei einem Festgottesdienst für Jubelpaare aus ganz Oberösterreich am Sonntag im Mariendom erinnert, dass Beziehungsalltag nicht linear und gleichförmig ist: Auch der Erfahrungshorizont des Scheiterns, Schmerzes und Nicht-Verstehen-Könnens gehöre dazu. Dies gelte es ernstzunehmen und nicht auszublenden. Zu der Messe waren explizit auch Paare eingeladen, die sich in oder nach einer Krise befinden. Anlass für den Festgottesdienstes war das 50-Jahr-Jubiläum der Abteilung Beziehung, Ehe und Familie im Pastoralamt der Diözese Linz (beziehungleben.at).
Scheuer rief dazu auf, "das nicht Perfekte" anzunehmen. Denn Hoffnung heiße auch, anzuerkennen, dass es das "perfekte" Leben nicht gebe und es sich auch nicht machen lasse:
In der gemeinsamen Liebe ahnt man in vielen Momenten das vollständige Glück. In vielen Momenten ist man aber auch weit davon entfernt.
In der Hoffnung auf eine gelingende Beziehung sei auch die Haltung des Abschieds enthalten, weil jede noch so stürmisch-emotional begonnene Beziehung eine Weiterentwicklung der Liebe zu anderen Formen erlebe. "Man erlebt ein gemeinsames Altern, Kinder lassen einen zuerst von einer gewissen freien Lebensführung Abschied nehmen, dann werden sie erwachsen und es folgt das Loslassen der gemeinsamen Erziehungsarbeit. In einer Haltung, die diese vielen kleinen Abschiede, ja Tode integriert, sind sich beide Partner bewusst, dass auch ihre Liebe einem Wandel unterliegt, der es unmöglich macht, sich an einem Punkt der Beziehungsgeschichte einzurichten", so der Bischof.
Er zitierte die "Zeit"-Redakteurin Christiane Florin mit folgendem Vergleich:
Niemand würde in einen Zug steigen, wenn laut Statistik 30, 40, 50 Prozent dieses Modells aus der Kurve fliegen. Bei der Ehe ist das anders. Die Scheidungszahlen sind bekannt, und doch hofft jeder: Bei uns wird es schon gut gehen, wir machen es besser als die anderen.
Der Weg von Ehe und Familie sei jedenfalls nicht "die geometrisch kürzeste Verbindung zwischen diesem Leben und dem Himmel", so Scheuer: "Da gibt es Wachstumsstufen, aber auch Verwelken, da realisiert sich Schönheit und Wertschätzung, da sind alle immer wieder auch der Reinigung und der Umkehr bedürftig in ihren Brüchen, Verwundungen und Verfehlungen."
Papst Franziskus habe bei einer Begegnung Paaren in der Ehevorbereitung drei Worte für diesen Weg mitgegeben: "Bitte - Danke - Entschuldigung." Dieser pragmatische Zugang des Papstes verdeutliche sich auch in einer Passage aus dem päpstlichen Schreiben Amoris laetitia, verwies Scheuer:
Es ist gut, den Morgen immer mit einem Kuss zu beginnen und jeden Abend einander zu segnen, auf den anderen zu warten und ihn zu empfangen, wenn er ankommt, manchmal zusammen auszugehen und die häuslichen Arbeiten gemeinsam zu erledigen.
Pastoralamtsleiter Josef Lugmayr betonte in der Einleitung, die Feier solle Gottes Zuwendung spürbar machen "und die Paare - egal in welcher Situation - sollen Stärkung erfahren". Der Gottesdienst stand unter dem Thema "Einander anvertraut".
Die Abteilung Beziehung, Ehe und Familie im Pastoralamt der Diözese Linz, beziehungleben.at, besteht seit 50 Jahren und trägt mit Sachkompetenz und Empathie zu gelingenden Beziehungen in Oberösterreich und darüber hinaus bei. Zu den Aufgabenfeldern gehören Ehe-, Familien- und Lebensberatung, die Ehevorbereitung, Bildungsangebote für Paare, Elternbriefe, Trauungs- und Geschiedenenpastoral, Homosexuellenseelsorge und die Taufpastoral. Knapp 100 Beratende stellen Einzelpersonen, Paaren und Familien in ganz Oberösterreich ihre Kompetenz zur Verfügung. 2017 wurden in den Anlaufstellen - untergebracht vorwiegend in kirchlichen Gebäuden - insgesamt 20.144 Beratungen mit 9.411 Klienten durchgeführt. Es gab 163 Bildungsveranstaltungen mit 3.000 Teilnehmern, an 36.313 Familien wurden Elternbriefe per Post und an weitere 6.608 per E-Mail versandt. In der Ehevorbereitung wurden im Vorjahr insgesamt 174 Kurse in allen Regionen der Diözese abgehalten, an denen 2.006 Paare teilnahmen.
Quelle: kathpress